Massiver Druck auf Kleinbetriebe
Zwei Entwicklungen bringen eine fortschreitende ökologische Verschlechterung der Agrarflächen mit sich. Einerseits steigt durch die Globalisierung und die massiv vorangetriebene Effizienzsteigerung in der Landwirtschaft der wirtschaftliche Druck auf Kleinbetriebe enorm, sodass immer mehr von ihnen die Landwirtschaft aufgeben. Sie bewirtschaften zumeist kleinere und damit reicher strukturierte Flächen und nehmen auch die Bewirtschaftung "schwierigerer", meist ökologisch hochwertiger Flächen in Kauf, die ein Großbetrieb schlicht und einfach wegrationalisieren würde. "Viele österreichische Betriebe produzieren zu hohen Kosten, die sich vor allem aus kleinen Betriebseinheiten und natürlichen Standortnachteilen erklären. Ohne ausreichend öffentliche Gelder sind solche Betriebe nicht überlebensfähig. Andererseits erreichen größere, gut organisierte Betriebe in günstigeren Lagen Österreichs das Niveau der Produktionskosten von typischen westeuropäischen Milchviehbetrieben." (Kirner 2012) Im Klartext: Gerade die Kleinbetriebe brauchen zum Überleben deutlich mehr Förderungen, die großen hingegen bleiben auch mit etwas geringeren Förderungen konkurrenzfähig.
Die Kleinbetriebe werden durch die aktuelle UND die neu geplante Förderkulisse bei der Betriebsprämie gegenüber den großen und zumeist intensiven Betrieben benachteiligt. Dazu Kirner 2012: "Eine einheitliche Flächenprämie (das heißt ein gleicher Fördersatz je Hektar für alle landwirtschaftlichen Flächen) führt nach den vorliegenden Berechnungen zu großen Umverteilungen von intensiven zu extensiven Flächen und begünstigt vor allem Milchviehbetriebe mit größeren Anteilen an Almflächen [...] Eine differenzierte Flächenprämie mildert die Verteilungen nach oben und unten etwas ab." Bei einer einheitlichen Flächenprämie würden Betriebe mit Melk-Almen im Durchschnitt 11% mehr Einkommen erhalten, das sie zum Überleben dringend benötigen. Die intensiveren Milchviehbetriebe, die jetzt oft deutlich höhere Förderungen erhalten, würden bei diesem Modell 9% an Einkommen verlieren. Bei der geplanten 75%-Reduktion der Basisprämie für Blumenwiesen, Weiden und Almen würden die Betriebe mit Melk-Almen gegenüber heute 4% verlieren (d.h. es wird in Kauf genommen, dass noch mehr dieser Betriebe zusperren), während die intensiveren Milchviehbetriebe mit 7-8% kaum bessergestellt wären als im Modell der einheitlichen Prämie. (Zahlen aus Kirner 2012) Zitat Kirner: "Betriebe im Berggebiet wirtschaften zu höheren Produktionskosten. [...] Ohne ausreichend öffentliche Gelder sind solche Betriebe nicht überlebensfähig."
Mit dem von der Österreichischen Agrarpolitik geplanten differenzierten Modell werden die Kleinbetriebe weiter benachteiligt und ein weiteres Bauernsterben bewusst in Kauf genommen, um die Großbetriebe zu schonen.
Aktuell sind die für das Grünland relevanten Naturschutzförderungen im Programm „ÖPUL/wertvolle Fläche (WF)“ im Fördertopf nicht ausreichend dotiert, um alle wertvollen Grünland-Flächen fördern und damit erhalten zu können.
Die Maßnahme „Wertvolle Fläche“ im ÖPUL ist aktuell die einzige leistungsbezogene Förderung, die einen positiven Einfluss auf die Arten- und Lebensraumvielfalt hat (ÖPUL-Evaluierung). "Die Evaluierung "Natura 2000-ÖPUL 2007" hat gezeigt, dass die WF-Maßnahmen geeignet sind, einen günstigen Erhaltungszustand von Schutzgütern zu erhalten […]" (Jaritz 2013) Aufgrund der ausschließlichen Länderkompetenz für Naturschutz ist die Anwendung des WF-Modells vom Willen des jeweiligen Bundeslandes abhängig und daher österreichweit sehr unterschiedlich.
Eine aktuelle Analyse des Lebensministeriums zum bisherigen Programm der ländlichen Entwicklung, zieht bezüglich Schwächen beim Schutz der Biodiversität (Arten- und Lebensraumvielfalt) den Schluss, dass: „betriebswirtschaftliche Anreize für die Bereitstellung von Ökosystemleistungen wegen starker Konkurrenz durch anderweitige Nutzungsarten nicht gegeben sind“. (SWOT-Analyse)
Im Klartext: Die finanzielle Unterstützung für kleine bzw. naturverträglich wirtschaftende Landwirte sollte deutlich erhöht werden. Die ÖPUL-Fördersätze unterliegen jedoch strengen Vorgaben der EU. Es dürfen aktuell lediglich Mehraufwand und Nutzungsentgang bei der Bewirtschaftung von Naturschutzflächen entschädigt werden. Umso wichtiger ist es daher, dass die Basisprämie der Betriebsprämie für Extensivflächen gleich hoch ausbezahlt wird wie für Intensivflächen, damit hier keine Verzerrung hin zu den Intensivbetrieben bestehen bleibt!
Entscheidend ist, dass die bewusste und sinnvolle Pflege des Extensivgrünlandes von höchstem gesellschaftlichen Wert ist. Jede Ungleichbehandlung zeigt, dass dieser Wert von der Politik nicht berücksichtigt wird!
Lesen Sie dazu bitte weiter unten "Greening – was davon übrig geblieben ist und was das für unsere Landschaft bedeutet!"
Die EU-Agrarförderungen der GAP (Gemeinsamen Agrarpolitik der EU), machen einen bedeutenden Teil des EU-Budgets aus. Ziel der EU ist einerseits, die Europäische Landwirtschaft in einer globalisierten Welt zu erhalten und somit die Lebensmittelversorgung Europas sicherzustellen. Gleichzeitig gibt es im Programm Prioritäten in den Bereichen Umwelt- und Naturschutz, Klimawandel und Erhaltung des Ländlichen Raumes.
Die Agrarförderungen sind in zwei Pakete – die 1. und 2. Säule – aufgeteilt. Bei der 1. Säule handelt es sich um sogenannte Direktzahlungen und marktbezogene Ausgaben, die vollständig aus EU-Mitteln finanziert werden. Jedes Mitgliedsland bekommt hier einen bestimmten Betrag zugewiesen. In der 1. Säule ist die Betriebsprämie für Landwirtschaftliche Betriebe enthalten. Aber auch große Lebensmittelkonzerne erhalten (z.B. für die Weiterverarbeitung von heimischen Kartoffeln zu Chips) Förderungen aus der 1. Säule.
Die 2. Säule ist die "Förderung der ländlichen Entwicklung – ELER". Die hierfür vorgesehenen EU-Mittel müssen von den Mitgliedsstaaten kofinanziert werden. Damit also die EU-Förderung abgeholt werden kann, muss der Mitgliedsstaat (in Österreich Bund und Länder) selbst dazu zahlen. In der 2. Säule sind aktuell Agrarumweltmaßnahmen (in Österreich ÖPUL), die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete, Wettbewerbsmaßnahmen für Land- und Forstwirtschaft sowie Verbesserung der Lebensqualität im Ländlichen Raum (inklusive Naturschutz) integriert. Die genauen Zahlen zum Jahr 2012 können sie dem Grünen Bericht 2013 des Lebensministeriums auf Seite 11 und 12 entnehmen.
Bis zum Jahr 1992 führte die EU eine sogenannte Preisstützung landwirtschaftlicher Produkte der EU durch Einlagerung von Produktions-Überschüssen aber auch deren Vernichtung, durch hohe Importzölle und Exporterstattung (Zahlung der Differenz zum Weltmarktpreis an die Bauern) durch.
Von 1993 bis 2004 wurde auf Produktprämien umgestellt. Das heißt, Landwirte, die bestimmte Produkte wie Mais, Getreide oder Raps anbauten, erhielten einen jeweils produktspezifischen Geldbetrag je Hektar Anbaufläche – das betraf die Ackerbetriebe. Für Tierhaltung gab es z.B. Milchvieh-, Mutterkuh- oder Schlachtprämien. Für Grünland-Flächen war keine Prämie pro Hektar vorgesehen. Die Produktprämien setzten die massive Ungleichverteilung der Direktzahlungen auf die landwirtschaftlichen Betriebe fort. Ackerbaubetriebe mit großer Produktionsfläche oder Betriebe mit intensiver Tierhaltung waren stark bevorzugt gegenüber Grünlandbetrieben – besonders den extensiven.
2005 führte die EU die einheitliche Betriebsprämie ein, die nach einem Übergangszeitraum unter deutlicher Reduktion der Produktprämien eine faire und leistungs- bzw. produktions-unabhängige Förderung für jeden Hektar bewirtschafteter Fläche und jeden Landwirt zum Ziel hat. Ein Recht darauf hatten aber bisher nur jene Landwirte und Flächen, die auch schon im Zeitraum 2000 bis 2002 Produktprämien bekommen hatten! Wer damals nichts bekommen hatte, ging weiterhin leer aus. Nur landwirtschaftliche Neueinsteiger konnten bei der Betriebsprämie neu einsteigen. Zur Berechnung der einheitlichen Betriebsprämie konnten die Mitgliedsstaaten aus zwei Modellen wählen. Das Regionalmodell sah einen regionalen einheitlichen Satz für alle anspruchsberechtigten Flächen vor und führt schneller zu einer gerechten Umverteilung unter den Landwirten. Dieses Modell wählte z.B. Deutschland. Das historische Modell – genau dieses wählten die Österreichischen Agrarpolitiker! – führt zu vollkommen unterschiedlichen Hektar-Prämien da die Ansprüche aus den alten Produktprämien ermittelt werden. Extensive Betriebe blieben – sofern sie überhaupt Ansprüche hatten – weiterhin benachteiligt. Zusätzlich durften einzelne Produktprämien – mit Erlaubnis der EU – weiterhin bestehen. Die Mutterkuh-Prämie unterstützt insbesondere Extensiv-Betriebe, da Mutterkuhhaltung vor allem von Extensivbetrieben und oft mit Almauftrieb durchgeführt wird.
Wir meinen: "Die österreichischen Politiker hätten schon 2005 bis 2013 das Regionalmodell wählen sollen, um die massive Bevorzugung der Acker- und Intensiv-Viehzucht-Betriebe zu reduzieren und die Extensiv-Betriebe fair in die Förderung einzubeziehen und somit auch ökologisch wertvolle Flächen über die 1. Säule zu sichern!"